Pressemitteilung
Berlin, 
3. September 2021

Wahlentscheidungshilfe Progressomaschine geht an den Start

Pünktlich zum Wahlkampfendspurt startet Anfang September die Progressomaschine, die progressive Wahlentscheidungshilfe für ein gutes Morgen. Sie ist die erste Online-Wahlentscheidungshilfe, welche zukunftsfähige Politik und die Interessen unterrepräsentierter Wähler*innen in den Mittelpunkt stellt. Ein vielfältiges Bündnis von über 50 zivilgesellschaftlichen Organisationen, die marginalisierte Gruppen in Deutschland vertreten, haben ihre Forderungen an die Parteien gebündelt. Entstanden ist dabei ein Katalog an Fragen, der Richtungsentscheidungen für die große Mehrheit der Bevölkerung umfasst. Aufbereitet im Wahltool der Progressomaschine können Nutzer*innen herausfinden, welche Parteien zur Bundestagswahl ihre Bedürfnisse und Interessen am ehesten vertreten.

Die Progressomaschine bezieht Haltung: Sie ist progressiv und verpflichtet sich klar den Werten einer offenen, solidarischen und gerechten Gesellschaft. Damit richtet sie sich vor allem an Menschen, die progressiven Werten wie Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit und Chancengleichheit nahestehen. Entstanden ist ein Wahltool von und für Menschen, die von Wahlkampagnen traditionell kaum adressiert werden und die in der Politik sowie Parteienlandschaft unterrepräsentiert sind, darunter junge Menschen, Frauen, Migrant*innen, BIJPoCs, Ostdeutsche und LGBTQIA*, von Klassismus betroffene Menschen oder Menschen mit Behinderungen. Die Progressomaschine ist community-basiert und von Grund auf barrierefrei designt.

Die Zukunft ist komplex, diese Bundestagswahl ist eine Zukunftswahl: Die Progressomaschine zeigt durch ihre intersektionale Verknüpfung der Themenbereiche auch die politischen Zusammenhänge auf. Zu den Themensträngen gehören u.a. Klima- und Ressourcenschutz, Antirassismus, Inklusion, soziale Gerechtigkeit, Gesundheit, Finanzen und Wirtschaft oder Digitalisierung. Zu jedem Bereich haben die Partnerorganisationen der Progressomaschine den Parteien Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl geschickt und ihre Antworten bzw. deren Wahlprogramme ausgewertet. Als erstes barrierefreies Wahltool sind alle Fragen und Antworten auch in leichter Sprache zugänglich.

Das Team besteht aus 20 erfahrenen und diversen Aktivist*innen. Zu den mehr als 50 beteiligten Organisationen gehören unter anderem Seebrücke, der BUND, das Expedition Grundeinkommen und die Initiative Offene Gesellschaft. Die Progressomaschine wird gefördert von DeutschPlus e.V., Aktion Mensch e.V., dem Förderverein ProAsyl e.V. und der Alfred Landecker Stiftung. Initiatorinnen sind Kübra Gümüşay (Autorin und Aktivistin), Jeannette Gusko (future_s, Netzwerk 3te Generation Ost) und Lena Frank (Inklusionscoach).

Hintergrund: Die Bundespolitik der letzten Jahre hat es verpasst, den globalen Struktur- und Kulturwandel verantwortungsvoll zu gestalten. Klimakrise und Corona-Pandemie haben viele gesellschaftliche Krisen verschärft, die seit Jahrzehnten bestehen. Soziale Ungerechtigkeiten in unserer Gesellschaft werden immer größer. Zukunftsfragen, vor allem solche, die gesellschaftliche Minderheiten am stärksten treffen, bleiben unbeantwortet.

Ab Anfang September startet die Wahlentscheidungshilfe unter www.progressomaschine.org. Auf dem Laufenden bleiben Interessierte auch unter @progressomaschine auf Instagram oder im Telegram-Kanal progressomaschine.

Sie wollen ein Interview mit den Menschen hinter der Progressomaschine oder Wähler*innen aus den vertretenen Communities führen? Sie wollen die Progressomaschine als Demoversion für einen Beitrag testen? Für alle Fragen stehen Ihnen unsere Presseverantwortlichen unter info@progressomaschine.org zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Jeannette Gusko

FAQ Progressomaschine

Was ist die Progressomaschine?

Die Progressomaschine ist ein Online-Wahltool, das als Entscheidungshilfe für die Bundestagswahl 2021 dient. Die Fragen der Progressomaschine wurden von mehr als 50 Organisationen, die unterrepräsentierte Wählergruppen vertreten, erstellt. Sie bietet also gerade bei den Themen Orientierung, die im Wahlkampf gerne vergessen werden. Die Progressomaschine ist barrierefrei, intersektional und bekennt sich klar zur offenen, solidarischen Gesellschaft.

Wie unterscheidet sich die Progressomaschine von anderen Wahlentscheidungshilfen? Was macht die Progressomaschine einzigartig?

  1. Die Inhalte sind aus den Communities heraus formuliert und ausgewählt. Es wird nicht über marginalisierte Menschen gesprochen (Westdeutsche über Ostdeutsche, weiße über Schwarze Menschen, Männer über Frauen), sondern sie sprechen durch die Progressomaschine selbst. (#nichtohneuns, nothing about us without us).
  2. Die Progressomaschine dreht die Wahlentscheidung um: Sie ist ein Angebot der vielstimmigen Zivilgesellschaft, nicht von einer staatlichen Stelle.
  3. Hinter der Progressomaschine steht nicht eine Organisation, sondern ein breites intersektionales Bündnis sozialer Bewegungen und zivilgesellschaftlicher Organisationen in Deutschland. Die Auswahl der Partner:innen erfolgte stringent entlang der Frage, welche Initiative die besten Zugänge zu Menschen haben, die politisch zu oft übersehen werden.
  4. Die Progressomaschine bezieht Haltung: Sie ist progressiv und verpflichtet sich klar den Werten einer offenen, solidarischen und gerechten Gesellschaft.
  5. Die Progressomaschine ist überzeugt barrierearm. So bietet sie u.a. Thesen in Leichter Sprache. Denn Menschen mit Behinderungen haben ein Recht auf politische Teilhabe.
  6. Die Zukunft ist komplex. Deshalb stehen die Forderungen der Progressomaschine nicht für sich allein, sondern sind intersektional verknüpft. Sie bilden so die Komplexität und politischen Zusammenhänge dieser Zukunftswahl ab.
  7. Die Zielgruppe: Marginalisierte Menschen und ihre Verbündeten. Hierzu zählen wir u.a. Schwarze Menschen und People of Color, Menschen mit Behinderungen, Ostdeutsche, Frauen*, LGBTQIA+, Menschen aus der Arbeiter:innenklasse oder auch junge Menschen.
  8. Die Progressomaschine bildet die deutsche Gesellschaft 2021 ab. Denn, sie deckt das Minderheits-Mehrheitsparadox auf. Marginalisierte Menschen bilden in Deutschland die gesellschaftliche Mehrheit. Wenn sie ihrer Stimme bei dieser Wahl mit einem Kreuz Gewicht verleihen und sie Verbündete dabei mit ihrer Wahlstimme unterstützen, sind progressive Mehrheiten möglich.

Wer steht hinter der Progressomaschine?

Hinter der Progressomaschine steht ein vielfältiges, intersektionales Bündnis von mehr als 50 zivilgesellschaftlichen Organisationen und Aktivist*innen.

Zu den Initiatorinnen gehören Kübra Gümüşay (Autorin und Aktivistin), Jeannette Gusko (future_s, Netzwerk 3te Generation Ost) und Lena Frank (Projektmanagerin und Inklusionscoach). Das Team besteht aus ca. 20 erfahrenen und diversen Mitgliedern, darunter Mitarbeiter*innen und Mitwirkende von: Initiative Offene Gesellschaft, Netzwerk 3te Generation Ost, future_s, Claim – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit, EOTO, Seebrücke, Deutscher Frauenrat, Neue Deutsche Organisationen, #stattblumen, Muslimische Jugend Deutschlands und der Refugee Law Clinic Berlin.

Die beteiligten Organisationen sind überparteilich und nicht verantwortlich für die die einzelnen Thesen der Progressomaschine.

Was ist die Mission? Was will die Progressomaschine erreichen?

Die Progressomaschine macht durch ihr barrierefreies Design und die Aufbereitung der Inhalte in leichter Sprache politische Teilhabe dort möglich, wo sie häufig erschwert wird.

Die Stimmen vieler Menschen in Deutschland finden in der politischen Debatte noch immer keinen Platz. Dazu zählen Schwarze Menschen und People of Color, Menschen mit Behinderungen, Ostdeutsche, Frauen, LGBTQIA+ oder auch Menschen aus der Arbeiter*innenklasse. Die Progressomaschine unternimmt etwas gegen dieses Ungleichgewicht, indem wir uns als Organisationen und Aktivist*innen aus verschiedenen sozialen Bewegungen zusammengetan haben, um unsere Forderungen im Wahlkampf intersektional verknüpfen und sichtbar zu machen. Die Fragen und Forderungen der Progressomaschine betreffen in ihrer Gesamtheit die große Mehrheit der Bevölkerung. Damit die Forderungen im Bundestag landen, brauchen wir eine Regierung, die entschlossen für eine progressive, zukunftsfähige Politik einsteht, die unterrepräsentierte Stimmen sowie die politischen Forderungen und Visionen aus sozialen Bewegungen ernst nimmt und gesellschaftlichen Wandel möglich macht.

Wie finanziert sich die Progressomaschine?

Die Progressomaschine ist ein überparteiliches, ehrenamtliches Non-Profit-Projekt. Wir bedanken uns für die Projektfinanzierung und Unterstützung bei Pro Asyl, Aktion Mensch e.V., der Alfred Landecker Stiftung sowie DeutschPlus e.V.

Um welche Themen geht es in der Progressomaschine?

Die Themenbereiche der Progressomaschine sind:

  • Inklusion
  • Geschlechtergerechtigkeit
  • Anti-Rassismus
  • Teilhabe in der Einwanderungsgesellschaft
  • Migration und Flucht
  • Asyl und Aufenthalt
  • Soziale Gerechtigkeit und faire Arbeit
  • Klima- und Ressourcenschutz
  • Finanzen und Wirtschaft
  • Gesundheit und Care
  • Digitalisierung
  • Bildung
  • LGBTIQA*-Rechte

Die beteiligten Organisationen sind überparteilich und nicht verantwortlich für die die einzelnen Thesen der Progressomaschine.

Woher stammen die Antworten der Parteien?

Die Progressomaschine hat bei allen Parteien, die aktuell im Bundestag vertreten sind, sowie eine Reihe der erfolgreicheren Kleinparteien, die zur Bundestagswahl 2021 antreten, unseren Fragenkatalog eingereicht. Dafür wurden, wenn vorhanden, die Portale der Parteien zum Einreichen von Wahlprüfsteinen genutzt. Zusätzlich wurden die Fraktionen direkt kontaktiert. Die Parteien wurden aufgefordert, die Fragen der Progressomaschine mit eindeutiger Positionierung (stimme zu / stimme nicht zu) zu beantworten. In der Progressomaschine werden in der Regel die von den Parteien abgegebenen Positionierungen und Antworten abgebildet. Manche Parteien haben jedoch nicht alle Fragen beantwortet. Hier hat die Redaktion der Progressomaschine die fehlenden Antworten in den Wahlprogrammen recherchiert und basierend auf dem Wahlprogramm nach bestem Gewissen eine Einschätzung der Position der jeweiligen Partei vorgenommen. Die Antworten, die nicht von den Parteien selbst stammen, sondern von der Redaktion recherchiert wurden, werden als solche gekennzeichnet.

Warum sind nicht alle Parteien in der Progressomaschine vertreten? Wie wurde entschieden, welche Parteien dabei sind?

Am liebsten hätte die Progressomaschine alle Parteien dabei gehabt, die tatsächlich zur Wahl stehen. Dies ist aber aus zweierlei Gründen utopisch:

  1. Sobald die Antworten der Parteien eintrafen, lief ein aufwändiger Sichtungs-, Klärungs- und Einarbeitungsprozess, der das Team der Progressomaschine bereits mit 10 Parteien (Union, SPD, Grüne, FDP, Linke, Piraten, Freie Wähler, ÖDP, Volt, Partei für Gesundheitsforschung) an die Grenzen ihrer Kapazitäten gebracht hat. Deshalb musste sich die Progressomaschine von vornherein auf die aussichtsreichsten Parteien beschränkt. Dies wurde an den Vorergebnissen der letzten Bundestags- und Europaparlamentswahlen festgemacht. Wer bei diesen Wahlen 0,1 % (BT) bzw. 0,7 % (EP) der Stimmen geholt hat, wurde direkt auf den offiziellen Kanälen kontaktiert. Der Unterschied in den Prozentsätzen ergibt sich daraus, dass bei EP-Wahlen ohne 5%-Hürde Kleinparteien wesentlich besser abschneiden und die Kapazität nicht ausgereicht hätte, all die Parteien zu berücksichtigen, die dort 0,1 % erreicht haben.
  2. Auf der anderen Seite ist die Zahl der teilnehmenden Parteien durch diese selber begrenzt worden. Die Themen und Fragen der Progressomaschine liegen einigen Parteien nicht, da sie unangenehme Probleme unserer Gesellschaft konkret benennen. Wer keine progressive Politik macht, müsste sich bei Beantwortung der Wahlprüfsteine stark die Blöße geben. Hierauf hatten viele Parteien anscheinend keine Lust. Kleinere Parteien müssen aber natürlich auch mit weniger Ressourcen im Wahlkampf auskommen und waren u.U. mit den zahlreichen und komplexen Forderungen der Progressomaschine überfordert. Von den Kleinparteien haben sich schließlich die Freien Wähler, ÖDP, Partei für Gesundheitsforschung, Piraten und Volt mit ihren Positionierungen gemeldet.

Parteien, von denen, trotz mehrfacher Anfragen, bis Ende August keine Rückmeldungen erfolgt sind, sind nicht in der Progressomaschine vertreten. Ab dem 1.9. wurde außerdem öffentlich allen Parteien angeboten, noch Teil der Progressomaschine zu werden. Zu diesem Zeitpunkt waren die Vorbereitungen für den Launch der Progressomaschine abgeschlossen, sodass und neue Kapazitäten für die Aufnahme weiterer Parteien und ihrer Positionierungen entstanden sind. Parteien, die zur Bundestagswahl antreten und noch Teil der Progressmaschine werden möchten, können sich unter info@progressomaschine.org melden, um den Fragenkatalog zu beantworten.

Wie sehen die Fragen und Forderungen, die als Wahlprüfsteine an die Parteien geschickt wurden, aus?

Hier eine Auswahl:

  • Sollen Subventionen für Produkte oder Produktionsweisen, die schädlich für Menschen, Tiere und Umwelt sind, eingestellt werden?
  • Sollen Preise auch die indirekten Kosten für Gesellschaft und Umwelt abbilden, die durch die Produktion, Nutzung und Entsorgung von Produkten entstehen?
  • Soll der Kohleausstieg in Deutschland bis 2030 abgeschlossen sein? Und sollen schädliche Eingriffe in die Natur wie die Abholzung von Mischwäldern und die Zwangsumsiedlung von Dörfern zugunsten des Kohleabbaus sollen gestoppt werden?
  • Die Ausbildung von Polizist:innen, Beamt:innen und Verwaltungsvertreter:innen soll ein umfassendes Verständnis von Differenzsensibilität, Antirassismus und Intersektionalität vermitteln.
  • Die Bundes- und Länderweite Umsetzung der noch bis 2024 laufenden UN Dekade für Menschen afrikanischer Herkunft soll forciert werden.
  • Sollen Schüler:innen einen Rechtsanspruch auf inklusive Beschulung haben?
  • Soll der Mindestlohn auch für Beschäftigte in Behindertenwerkstätten gelten?
  • Das Ehegattensplitting stellt einen negativen Erwerbsanreiz dar, der der eigenständigen finanziellen Absicherung und gleichberechtigten Teilhabe von Frauen in der Wirtschaft entgegensteht. Soll das Ehegattensplitting abgeschafft werden?
  • Sollen von Gewalt betroffene Frauen bundesweit ein Recht auf Schutz und Hilfe erhalten, damit der Zugang zu Beratung und Frauenhäusern garantiert werden kann?
  • Die Politik sollte durch Strukturmaßnahmen aktiv dafür sorgen, dass in Ostdeutschland mehr Jobs für Hochqualifizierte entstehen.
  • Jeder Job sollte ab dem ersten Euro sozialversicherungspflichtig sein. Wenn für geringfügig Beschäftigte Beiträge zur Arbeitslosen-, Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung gezahlt würden, könnten sie wirksam bei Jobverlust, Kurzarbeit und vor Armut geschützt werden.
  • Sollten hohe Einkommen, große Vermögen und hohe Erbschaften deutlich höher besteuert werden?
  • Sollte die Vollzeit-Arbeitswoche auf 32 Stunden reduziert werden?