Wouter Bernhardt, Projektleiter des TdOG und Publikum auf dem Barcamp der Staatsbibliothek in Berlin
© Staatsbibliothek zu Berlin – PK, 2024
Bibliotheken werden immer öfter Schauplatz demokratiefeindlicher Aktionen. Es wurden Bücher zerstört oder Veranstaltungen gestört. Dies zeigt umso deutlicher, wie zentral die Rolle von öffentlichen Orten wie Bibliotheken noch immer ist.
Auf der Homepage des Deutschen Bibliothekverbands steht, dass „Bibliotheken Orte gelebter Demokratie“ seien (dbv 2024). Für uns als Initiative bedeutet Demokratie zu leben vor allem: 1. Räume öffnen 2. Konstruktiv streiten, aushandeln und aushalten, sowie 3. Haltung zeigen.
Räume öffnen
Die Feinde der offenen Gesellschaft mögen keine offenen Räume, wo vielfältigen Perspektiven Raum geboten wird. Bibliotheken sind aber einer der wenigen noch wirklich offenen Orte, wo sehr unterschiedliche Menschen und Perspektiven sich tagtäglich bewegen und begegnen.
Mittlerweile werden viele Informationen online vermittelt. Den Raum, den Bibliotheken als Orte der Begegnung schaffen, können jedoch nicht vom Internet ersetzt werden. Sie sind lokale Anlaufstellen, Orte an denen Menschen Medien und Angebote zur politischen Bildung finden oder Veranstaltungen besuchen.
Ein Workshop von dem Projekt “die lebendige Kiezbibliothek” in der Mittelpunktbibliothek ‘Alte Feuerwache’ in Treptow, Berlin
Konstruktiv streiten, aushandeln und aushalten
Unsere demokratische Gesellschaft leidet unter zunehmender Polarisierung, wandelt sich in eine ‚Blasen-Gesellschaft‘, eine ‚Wir-gegen-die-Anderen‘-Gesellschaft um. Bibliotheken können eine zentrale Rolle spielen im Aufbau einer demokratischen Diskussionskultur.
Eine Diskussionskultur*, die…
- es ermöglicht, im alltäglichen Miteinander (in der gelebten Demokratie) mit Differenzen umzugehen
- es ermöglicht, die eigene Meinung zu bilden, zu vertreten und zum Ausdruck zu bringen
- es ermöglicht, die Meinungen Anderer anzuhören und zu akzeptieren oder auch auszuhalten
* Angelehnt an das Konzept der Verein ‘Gegen Vergessen – Für Demokratie‘
Haltung zeigen
“Wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen.”
Karl Popper
Zur gelebten Demokratie gehört auch Haltung zeigen. Hier finden sich Bibliotheken im Spannungsfeld wieder, ob sie einer politischen Neutralität verpflichtet sind oder wie sie weiterhin offen für alle bleiben und trotzdem Position (gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus) beziehen können.
Karl Popper verdeutlichte: Die Intoleranz darf nicht toleriert werden. Bibliotheken können politisch neutral sein, aber sie sind keine wertfreien Orte. So müssen auch sie sich vor rechtsextremen Kräften schützen und aktiv dafür eintreten, ein diskriminierungsarmer Raum zu sein.
Was können wir jetzt gemeinsam tun?
Zentrale Veranstaltung des Tags der Offenen Gesellschaft auf dem Tempelhofer Feld in Berlin
In der Initiative Offene Gesellschaft arbeiten wir seit vielen Jahren leidenschaftlich mit Bibliotheken zusammen und zeigen jedes Jahr erneut Haltung. Zum Beispiel beim Tag der Offenen Gesellschaft, wo es auch in vielen Bibliotheken am dritten Samstag in Juni heißt „Tische und Stühle raus!“.
Am Tag der Offenen Gesellschaft finden alle Elemente der gelebten Demokratie gleichzeitig statt: Es werden Räume geöffnet, konstruktiv gestritten und Haltung gezeigt. Wir sind froh und dankbar, dass der Deutsche Bibliotheksverband und der Berufsverband Information Bibliothek dieses Jahr als zentrale Partner mit dabei sind.
Veranstaltung von der FrauenGenderBibliothek Saar am TdOG23
Eine offene Gesellschaft bedeutet eine demokratische Gesellschaft, in der Bürger*innen die Möglichkeit haben, gut informiert an den demokratischen Prozessen teilzuhaben. Nur so sichern wir nachhaltig die Instandhaltung von demokratischen Prozessen und Institutionen. Bibliotheken spielen darin eine essenzielle Rolle.
Dieser Artikel entstand aus einem Beitrag der Initiative Offene Gesellschaft auf dem Barcamp der Staatsbibliothek in Berlin zum Thema „Bibliotheken als Orte der Freiheit“ am 15. Februar 2024.