75 Jahre Grundgesetz in 7,5 spannenden Fakten

Das Grundgesetz wird 75. Was wir den Müttern des Grundgesetzes zu verdanken haben, welchen Artikel sich der Bundespräsident tätowieren lassen würde und an welcher Stelle die Verfassung am häufigsten geändert wurde, sagen wir euch hier.
Wahl des Vizepräsidenten des Parlamentarischen Rates während der Konstituierenden Sitzung in der ehemaligen Pädagogischen Akademie.

Ein halber Geburtstag

Zwar feiern wir am 23. Mai den Beschluss des Grundgesetzes. Doch hat die Verfassung auch noch einen zweiten Geburtstag: Denn erst am 3. Oktober 1990 vollzog sich der Beitritt der Gebiete der DDR zur Bundesrepublik Deutschland und damit zum Geltungsbereich des Grundgesetzes. Zwar hätte nach Art. 146 auch eine neue Verfassung für eine wiedervereintes Deutschland erarbeitet werden können. Nachdem die Bundesregierung aber am Grundgesetz festhalten wollte, beschloss auch die im März 1990 neu gewählte Volkskammer der DDR am 23. August 1990 mit großer Mehrheit den Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland. Grundlage war der damalige sogenannte „Beitrittsartikel“ 23, in welchem die Übernahme des Grundgesetzes für „andere Teile Deutschlands“ geregelt wurde.

Ein Gesetz und seine Mütter

Unter 65 stimmberechtigten Mitgliedern des Parlamentarischen Rates waren lediglich vier Frauen: Friederike Nadig, Elisabeth Selbert, Helene Weber und Helene Wessel. Umso wichtiger war ihr Beitrag. Besonders Nadig und Selbert ist es zu verdanken, dass die Gleichstellung der Geschlechter mit dem Satz „Frauen und Männer sind gleichberechtigt.“ im Artikel 3 des Grundgesetzes verankert wurde – gegen teils erheblichen Widerstand. Mehr über die Mütter des Grundgesetzes erfährst du hier.

Sechzehn Hüterinnen und Hüter

Das Grundgesetz wird vom Bundesverfassungsgericht seit 1951 ausgelegt und geschützt. Seit der Gründung des Gerichtes gehörten ihm 120 Richter*innen an. Die erste Richterin war Erna Scheffler. Das Bundesverfassungsgericht besteht aus insgesamt sechzehn Richterinnen und Richtern. Bundestag und Bundesrat wählen jeweils eine Hälfte der Richter*innen.

Älter als die Bundesrepublik

Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz in der letzten Plenumssitzung des Parlamentarischen Rates in Bonn beschlossen und feierlich verkündet. Daher ist der 23. Mai auch als „Tag des Grundgesetzes“ bekannt. Jedoch erst in der Nacht vom 23. auf den 24. Mai 1949 trat das Grundgesetz in Kraft – und vollzog so die Gründung der Bundesrepublik. Damit ist das Grundgesetz wenige Stunden älter als die Bundesrepublik selbst.

Gut verschlossen

Die in Pergament gebundene und auf Zerkall-Büttenpapier gedruckte Urschrift des Grundgesetzes wiegt 1,4 kg, misst 35 Zentimeter in der Höhe und 24 Zentimeter in der Breite – ist aber nur 2,7 Zentimeter dick. Zwischen den Seiten liegt ein Lesebändchen in Farben der Bundesrepublik. Die Urschrift wird bei Vereidigungen von Bundespräsident*in und Bundeskanzler*in genutzt. Minister*innen müssen sich jedoch mit einem Faksimile zufriedengeben. Die Originalausgabe des Grundgesetzes wurde lange Zeit in einem Safe in den Räumen des Direktors des Deutschen Bundestages aufbewahrt. Im Jahr 2023 zog die Urschrift in einen Panzerschrank ins Parlamentsarchiv um.

Unter die Haut

Im April 2024 fragten Kinderreporter von „Dein SPIEGEL“ Bundespräsident Steinmeier, welchen Artikel aus dem Grundgesetz er sich als Tattoo stechen lassen würde. Seine Antwort: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Wohin er sich Artikel 1 der Verfassung tätowieren lassen würde, könnt ihr hier nachlesen.

Für die Ewigkeit

Die Ewigkeitsklausel des Grundgesetzes besagt, dass einige Teile der Verfassung nie geändert werden dürfen: So heißt es in Art. 79 Abs. 3 GG: „Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.“ Während der berühmte Artikel 1 die Achtung der Menschenwürde festschreibt, legt Artikel 20 unter anderem den Status Deutschlands als Demokratie, Rechtsstaat und Sozialstaat fest.

Kein Stillstand

Trotz der Ewigkeitsklausel steht das Grundgesetz nicht still. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags kam im März 2024 bei einer Zählung auf nicht weniger als 67 Änderungen der Verfassung. Insgesamt 122 Grundgesetzartikel seien dadurch über die Jahrzehnte verändert worden, jedoch nur sieben Artikel aus dem Grundrechtskatalog. Der mit zehn Überarbeitungen am häufigsten geänderte Artikel ist Art. 74 zur konkurrierenden Gesetzgebung.

Unsere Kampagne

Das Grundgesetz wird 75. Mit der Aktion #KlartextGrundgesetz feiert die Initiative Offene Gesellschaft gemeinsam mit vielen anderen vom 20. bis 26. Mai das unmissverständliche Eintreten der Verfassung für unsere demokratische Gesellschaft. Bürger*innen und Bürger, Organisationen der Zivilgesellschaft und die ganze Demokratiewelt sind eingeladen, Aktionsmaterial zu teilen: Zehn Spruchbilder, die den Wesensgehalt zehn wichtiger Grundgesetz-Artikel in möglichst einfacher Sprache auf den Punkt bringen. Für den Teams-Chat, die eigenen Social-Kanäle oder den WhatsApp-Chat mit der Familie. Die Botschaft ist eindeutig: Das Grundgesetz spricht Klartext in Sachen Freiheit und Gleichheit. Dafür feiern wir es.

Quellen (u.a.): www.bundesregierung.de, www.bundespraesident.de, www.bundestag.de, www.sueddeutsche.de, www.bmfsfj.de, www.hdg.de, www.bundesarchiv.de, www.de.wikipedia.org

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